Der Fahndungsdienst der Bahnpolizei
Als in der Mitte des 19.Jahrhunderts in ganz Deutschland die Privatbahnen entstanden, wurden auch nebenamtliche Bahnpolizeibeamte eingestellt. Von einer Tätigkeit in zivil als Fahndungsbeamter war man aber noch weit entfernt. So verwendeten die ersten Bahnpolizeibeamten auch ovale Brustschilder, die auf dem Uniformrock getragen wurden.
Erste Dienstmarken für zivile Bahnpolizeibeamte sind ab ca. 1882 in Preußen bekannt.
Der §75 der Eisenbahnbetriebsordnung (EBO) aus dieser Zeit besagt, dass die Bapo-Beamten bei Ausübung ihres Dienstes Uniform oder ein Dienstabzeichen tragen müssen. Die verwendeten Ausweismarken zeigen neben dem auffliegenden Preußenadler auch den Direktionssitz der Eisenbahnverwaltung. Solche Direktionen gab es in Berlin, Bromberg, Hannover, Frankfurt/Main, Magdeburg, Halle, Köln, Altona und Elberfeld.
Die Bildseite der Marken entspricht denen der „Koenigl.Preuss.Policeibeamten“ Preußens von 1810-1918.
Für die erste hauptamtliche Bahnpolizei wurde im Jahre 1917 bei der Preußisch-Hessischen Eisenbahn ein Eisenbahnüberwachungsdienst eingerichtet. Diese Eisenbahnwächter blieben Eisenbahnbeamte, wurden aber vom Preußischen Innenminister zu Hilfspolizeibeamten ernannt.
Die Eisenbahnwächter erhielten die meisten Rechte der normalen Polizeibeamten, so zum Beispiel der Vernehmung, der Fahndung und der Festnahme von Gesetzesbrechern.
Bei der Eisenbahndirektion Hannover löste man das Problem der nach November 1918 nicht mehr gültigen Reichsinsignien einfach damit, den Adler von den Marken zu entfernen, sie ansonsten aber bis 1919 unverändert zu verwenden.
Im Jahr 1919 wurde das Reichswappen geändert. Der Adler hatte ja bereits die Insignien der Monarchie verloren. Dann blieben die Ausweismarken bis 1934 unverändert (Siehe hierzu das Foto der Eisenbahndirektion Münster/W., die nach 1918 hinzugekommen war).
Im Jahr 1925 wurde die Bahnpolizei in drei Dienste umorganisiert. Der uniformierte Wächterdienst wurde auf eine Stärke von 570 Mann aufgestockt, ein neuer mobiler Streifendienst mit Motorrädern, PKW und auch LKW erhielt eine Stärke von 1330 Mann und kontrollierte fortan die Eisenbahngelände und auswärts liegende Gleisanlagen. Ein erstmals gegründeter Fahndungsdienst aus nun 100 Beamten ermittelte in Sachen Leistungserschleichung, Urkundenfälschung, Diebstahl und Unterschlagung zum Nachteil der Eisenbahn.
Die Stärke dieser Bahnpolizei blieb bis 1945 mit rund 2000 Beamten fast gleich.
Unabhängig davon gab es zu Zeiten politischer Unruhen und vor allem während des Zweiten Weltkrieges natürlich eine Reihe von Unterstützungspersonal für die eigentliche Bahnpolizei, aber das soll nicht Bestandteil dieser kleinen Abhandlung sein. Es betrifft auch nicht die hier behandelten Ausweismarken der Fahndungsbeamten.
Durch Vorschriften nachgewiesene Erkenntnisse über Ausweismarken aus der Zeit des 3. Reiches gibt es nicht.
Nachdem die Reichsbahnpolizei am 26.9.1939 zusätzliche kriminalpolizeiliche Aufgaben erhielt, die auch zu einem großen Teil in zivil abgeleistet werden mussten, ist die reichsweite Ausgabe von Ausweismarken an die hauptamtlichen Polizeibeamten der deutschen Reichsbahn sehr wahrscheinlich, aber nicht nachgewiesen. Einzig bekanntes Original aus dieser Zeit ist eine Dienstmarke der Reichsbahndirektion in LINZ.
Langovale Messingmarken mit angehenkelter Öse aus dieser Zeit sind nach zuverlässigen Angaben das Phantasieprodukt eines geschäftstüchtigen Sammlers.
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Nach der Kapitulation und der Aufteilung Deutschlands in u.a. drei westliche Besatzungszonen wurden hier ab September 1946 unterschiedliche Ausweismarken für die Fahndung der Bahnkriminalpolizei verwendet.
In der US-Zone wurde zunächst ab September 1946 eine runde, zweisprachige Messingmarke ausgegeben. Als durch den Abschluss der Verhandlungen über die bilaterale Zone zum 20.3.1949 die Zweisprachigkeit aufgehoben wurde, wurden diese Marken langsam abgeschafft und gegen neue, runde Ausweismarken ausgetauscht, die bis zum 1.3.1953 Verwendung fanden.
Unten die Marke der Bahnpolizei in der US-amerikanischen Zone vom
September 1946 bis zum 20.3.1949 mit zwei Varianten für die Rückseite.
Die Bahnkriminalpolizei in der britischen Zone verwendete ab 1946 eine ebenfalls runde Messingmarke, die neben dem Flügelrad und dem Polizeistern auch den Direktionssitz der Bahnkripo führten.
Direktionssitze gab es in Hamburg, Essen, Hannover, Köln, Münster und Wuppertal.
Nach Abtrennung der Bahnpolizei von der Bahn und Umbenennung in Fahndungsdienst der Deutschen Bundesbahn wurden diese Marken zum 1.3.1953 eingezogen.
Die neuen Marken der Fahndungsbeamten der Deutschen Bundesbahn wurden nun in der gesamten Bundesrepublik einheitlich ausgegeben. Sie waren aus Messing, rund und führten keinerlei Wappen, sondern lediglich den Schriftzug „Fahndungsbeamter der Deutschen Bundesbahn“ mit einer Nummer dazu.
Diese Stücke wurden so bis zum Januar 1974 getragen und erst dann gegen Marken ausgetauscht, die denen der bundesdeutschen Kriminalpolizei glichen. Von diesen neuen Marken wurden in der gesamten Bundesrepublik 300 Stück ausgegeben.
Mit dem 01.04.1992 gingen die Aufgaben des Fahndungsdienstes der Deutschen Bundesbahn auf den Bundesgrenzschutz über.
Der BGS übernahm zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich alle laufenden Vorgänge, alle Akten, die gesamte Ausrüstung wie auch die Asservate.
Da der BGS nicht in der Lage war, zum 1.4.1992 allerorten eigene Stempel, Siegel, Ausweise und Dienstmarken den Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen, wollte er die DB-Dienststücke kurzfristig weiter verwenden.
Wohl war man sich von Seiten der DB der rechtlichen Problematik dieser Maßnahme bewusst, konnte sich aber dem Wunsch des Bundesinnenministers nicht verschließen.
Nach Ersatz der genannten Gegenstände durch solche des BGS sollten die Dienststempel und -siegel der Fahndung der DB vernichtet werden, die Ausweise an die ausgebenden Stellen zurückgegeben und die Dienstmarken unter Einschreiben an die Zentralstelle Absatz der DB in Mainz zurückgesendet werden.
Bereits im Juni 1992 forderte die Mainzer Dienststelle der DB die sofortige Rücksendung der Dienstmarken der ehemaligen Fahndungsbeamten. Die Bundesbahndirektionen in Hamburg, Essen, Nürnberg und Stuttgart weigerten sich, dieser Entscheidung nachzukommen und baten um Überlassung der Ausweismarken zur Erinnerung an die ehemaligen Mitarbeiter der Bundesbahnfahndung.
Zum 22.01.1993 traf aus Mainz die mutige Entscheidung ein, wonach
– „an die interessierten ehemaligen Fahndungsbeamten gegen Abgabe einer als Muster beigefügten Verpflichtungserklärung die aufbewahrten Dienstmarken auszuhändigen und anschließend
– die nicht benötigten Dienstmarken und die Verpflichtungserklärungen bis spätestens 1.3.1993 nach Mainz zu übersenden waren.“
Bereits in Mainz abgegebene Stücke anderer Bundesbahndirektionen konnten von dort durch die Interessenten gegen Übersendung von 5,90 DM Rückporto und einer Verpflichtungserklärung abgefordert werden.
Diese Entscheidung einer vorgesetzten Verwaltungsbehörde ist, von kleinen Kommunen abgesehen, für Deutschland einmalig.
!!!!!!! Ab November 2005 werden Nachfertigungen dieser letzten Ausweismarke der Bahnpolizeifahndung angeboten. Verkäufer „vergessen“ gerne zu erwähnen, dass es sich um eine Kopie handelt. Wer trotz Kenntnis dieser Tatsache eine Kopie als Original verkauft, begeht vermutlich einen Betrug. Sind Sie geschädigt ? Melden Sie Sich. Ich helfe Ihnen gerne.
In der sowjetischen Zone wurden bald nach dem Kriege ovale Messingmarken eingeführt, die den zuletzt in der DDR verwendeten Stücken entsprachen. Sie trugen ausschließlich die deutsche Beschriftung „BAHNKRIMINALPOLIZEI“ sowie auf der Vorderseite „KRIMINALPOLIZEI“ mit dem 12-strahligen Polizeistern ohne Mittelwappen, plus einer auf einem Feld eingravierten Nummer. Im Frühjahr 1950 wurden diese Marken abgeschafft und gegen die nun in der ganzen DDR einheitlich ausgegebenen Stücke ausgetauscht. Für die Bahnkriminalpolizei der DDR (hier Transportpolizei genannt) wurde bei diesen neuen Marken die Kennziffer -7- vor der Individualnummer ausgegeben.
Der Vollständigkeit halber gebe ich hier noch den Hinweis auf die Existenz von Metallmarken der Königlich Sächsischen Staatseisenbahn „K.S.St.E.“ , der Sächsischen Staatseisenbahn „S.St.E“ bzw. der Eisenbahn-Generaldirektion „Eb.-Gd.“ Dresden. Die Rückseiten der abgebildeten Stücke sind glatt.
Nachfolgend zeige ich Ihnen vier verschiedene Varianten aus Sachsen und eine direkt aus Dresden.
Aus der Tatsache, dass diese Marken ungelocht sind, lässt sich vermuten, dass diese Stücke lose in der Tasche mitgeführt wurden und nicht mit einer Kette oder einem starken Band gesichert waren.
Lange war mir unklar, welche Verwendung diese Marken hatten.
Im Februar 2009 meldete sich bei mir der Sammler Herr Vetters aus Dresden und erklärte zu diesen Stücken folgendes:
Für Beamte der Königlich Sächsischen Staats-Eisenbahn.
Eine Urkunde belegt, dass die ersten Marken 1858 zur Ausgabe kamen. Diese runden Messingmarken wurden den im Nebenamt mit der Ausübung der Bahnpolizei betrauten Beamten ausgehändigt. Dazu zählten Bahnbau, Verkehr und Bahnunterhaltung, die einzelne Beamte(ngruppen) durch Verpflichtung (meist durch Handschlag) zu bahnpolizeilicher Tätigkeit ermächtigten. Der Kreis der dazu berechtigten Personen war umfänglich und wurde in der am 1.5.1905 in Kraft getretenen „Eisenbahnbau- und Betriebsordnung“ detailliert festgelegt. Zum 30.5.1896 ordnete das Königliche Finanzministerium an: „Die bei den Bahnunterhaltungs- und Verkehrsdienststellen in Benutzung und auf Vorrat
befindlichen Bahnpolizeimarken sind von jetzt ab auf der Vorderseite oberhalb der Krone mit Nummer zu versehen. Die Nummerierung hat für den gesamten Verwaltungsbereich der Königlichen Generaldirektion durchgehend zu erfolgen.“ 1919 gelangten etwas veränderte Marken zur Ausgabe. Die Krone und der Begriff „Königliche“ = „K“ entfiel. Die Nummer wurde ins Zentrum der runden Marke eingestanzt. Zum 31.3.1934 wurden die Bahnpolizeimarken eingezogen und durch Ausweiskarten ersetzt.
Danke Herr Vetters !