Preußen 1810 – 1918

Aus der preußischen Zeit vor 1918 existieren keinerlei Vorschriften oder andere schriftliche Unterlagen über verwendete Dienstausweismarken bei Polizei und anderen Behörden mehr.
Ausnahme ist das Berliner Polizeireglement von 1810.

Wichtige Hinweise geben aber die über nahezu zweihundert Jahre erhaltenen Originaldienstmarken.

Eine runde Silbermarke aus dieser Zeit mit dem auffliegenden Preußenadler über Land (wie nachfolgend beschrieben) sowie reversseitig „Koenigl. Preuss. Criminal Gericht“ weist auf die um 1804-1830 in Berlin tätige Kriminalgerichtspolizei hin, die neben der „normalen“ Kriminalpolizei der Königlichen Polizeidirektion tätig war.




Bin hinein in die Weimarer Zeit war es auch durchaus gängige Praxis, Beamte der Justiz (Gericht, Staatsanwaltschaft) mit Legitimationsmarken auszurüsten. Preußische Staatsanwälte vor 1918 führten daher ebenso eine runde Ausweismarke mit sich. Sie zeigt einen abweichenden Reichsadler.



Eine Besonderheit bildet sicherlich die sehr seltene Dienstmarke der Geheimen Feldpolizei, die lediglich während des 1.Weltkrieges von 1914-1918 Verwendung fand.



Für die Königlichen Polizeidirektionen zeigen viele Marken einheitlich auf der einen Seite den fliegenden Preußenadler mit Krone und Schwert über Land, Blickrichtung West (vom Betrachter aus nach links) und auf der anderen Seite den Schriftzug „Koenigl. Preuss.Policei Beamter“ .
Die Stücke sind einheitlich rund mit einem Durchmesser von 43mm.
Sie sind aus einer Kupfer/Zink-Legierung (=Messing) und ließen den verwendenden Polizeidirektionen auf Vorder- und Rückseite Platz zum eingravieren der Dienstnummer und des Direktionssitzes.
Aus diesem Grund sind beide Daten häufig unterschiedlich angeordnet und weisen verschiedene Schriftbilder auf.
Nachfolgend die Beispiele aus Magdeburg, Posen und Zabrze, dem späteren Hindenburg.



Abweichend von dieser Norm nutzten einzelne Königliche Polizeidirektionen aber auch individuelle Stücke, wie z.B. Frankfurt, Gelsenkirchen und Hannover.



Direktionssitze für die Kön.Preuß.PD’s wechselten ständig.
Sie wurden neu gegründet und manchmal bereits nach wenigen Jahren wieder aufgelöst, um dann nach erneuten Jahren wieder zu entstehen.

In der neuen preußischen Städteordnung des Jahres 1809 wurde im § 166 der STO die Möglichkeit gegeben, eigene Polizeibehörden anzuordnen. Die Reformbürokratie in Preußen machte hiervon extensiv Gebrauch.

Nach der preußischen Revolution im Jahre 1848 erlaubte der König in der Verfassung vom Dezember 1848 im Artikel 104/3 den Gemeinden, ihre Angelegenheiten unter Einschluss der Ortspolizei selbst zu regeln.
Die Regierung erhielt jedoch die Möglichkeit, in Gemeinden über 30.000 Einwohnern die Polizeiverwaltung zu verstaatlichen.

Die Gründe für dieses ständige Ver- und Entstaatlichen der Polizei lagen einerseits in den hohen Kosten, die eine Kommunalpolizei mit sich brachte, die von mancher Stadt/Gemeinde nicht zu tragen war und die darum vom Staat übernommen wurden. Andererseits gewährte der Staat den Kommunen aber auch nur dann eine eigene Polizeiverwaltung, wenn dies staatlich erwünscht war.

Nach dem preußischen Gesetz über die Polizeiverwaltung (GÜP) von 1850 stand es der preußischen Innenverwaltung offen, in allen für sie wichtigen Fällen einen königlichen Polizeidirektor zu benennen.
Notwendig erschien es dem Innenministerium, die Polizei vor allem in den Städten zu übernehmen, in denen der Magistrat einer liberalen Haltung verdächtig war.
Aus diesem Grund kann unmöglich eine abschließende Liste der Direktionssitze der königlichen Polizeiverwaltung aufgestellt werden.

Neben den also mancherorts tätigen Königl. Preuss. Polizeibeamten gab es aber in jeder größeren Gemeinde auch eigene Kommunalpolizeibeamte, die zeitweise ihren Dienst in zivil verrichteten und auch mit Dienstmarken ausgestattet waren.
Einen Hinweis auf die bei den kommunalen Polizeien verwendeten Stücke gibt die Sammlung von Erkennungsmarken und Ausweiskarten für Kriminal- und Polizeibeamte in Städten und Orten über 10.000 Einwohner des Deutschen Reiches, zusammengestellt vom Kriminalmuseum Hannover im Jahr 1910.
Diese Sammlung wurde im 2. Weltkrieg völlig vernichtet. Sie ist lediglich in einem einzigen Fotobandexemplar noch erhalten geblieben.
Die Fotos zeigen, dass es bereits damals in Kommunen über 10.000 Einwohner rund 160 verschiedenartige Metallausweise für Zivilpolizisten gab.
Neben dem jeweiligen Gemeindewappen ziert immer wieder der Reichsadler in verschiedenen Ausführungen die Marken.



Ein schönes Beispiel für die Vielfalt der verwendeten Polizeimarken in einer Epoche innerhalb einer Gemeinde zeigen die nachweisbaren Belegstücke der preussischen Kommunalpolizei in Hamborn, heute NRW(siehe unten).

rund 51mm silberfarben
rückseitige Tragenadel
entfernt und nachträglich
gelocht

rund 48mm
messingfarben
ungelocht
Rückseite glatt

rund 37mm
messingfarben
gelocht
nicht nummeriert

rund 34mm
silberfarben
angesetzte Trageöse

Marke wie vorstehend
FR=Fredericus Rex
auf der Brust entfernt


Duisburg-Hamborn
so verwendet
1925-1934



Der Adler war bereits den alten Römern als Symboltier ihres höchsten Gottes, Jupiter, heilig.
Im Jahr 104 v.Chr. führte der Feldherr Marius, Sieger über Cimbern und Teutonen, im Zuge einer Heeresreform den Adler als Abzeichen der Legionen ein.
Im früheren Mittelalter übernahm Kaiser Karl der Große den Adler als Symbol, um sich als Nachfolger der römischen Kaiser zu legitimieren.
So wurde aus dem römischen Göttervogel das deutsche Wappentier, das noch heute auf Bundesausweismarken zu sehen ist.




2. Nach 1918 – Freistaat Preußen – bis 1933

Erste Bestrebungen für eine einheitliche Polizeiausweismarke im ganzen Deutschen Reich gingen von Preußen aus.
Nachdem der letzte deutsche Kaiser, Wilhelm II, das Land am 9.11.1918 verlassen hatte, gingen die nun folgenden Wirren auch an den Dienstmarken der Polizeibeamten nicht spurlos vorbei. Unmittelbar nach dem Fall der Monarchie wurde der „Koenigliche“ Schriftzug von den Bronzemarken der Polizeibeamten genommen. Sie wurden auf den Marken als „Staatl.Preuss. Polizei-Beamter“ bezeichnet. Wohl aber behielt der Adler auf der Vorderseite noch Monate die Krone auf und das Schwert in den Fängen.



Zum 11.11.1919 wurde dieser „Fehler“ mit einer Änderung des Reichswappens behoben. Der Schriftzug blieb, der Adler flog immer noch über Land, verlor dabei aber Krone und Schwert, blickte nun zur anderen Seite und zog die Schwingen ein wenig ein
Auch nach Gründung des Freistaates Preußen zum 30.11.1920 behielten die beschriebenen Stücke ihre Gültigkeit.




Von den genannten Dienstmarken zeugen lediglich erhaltene Originale. Eine Vorschrift oder einen Erlass hierüber konnte noch nicht entdeckt werden.

In den Kommunen und Städten wurden die Dienstmarken teilweise ebenso eingezogen und neu gestaltet. Es gab Firmen, die Polizeibedarf lieferten. Unter anderem konnte man dort Blanko-Dienstmarken bestellen, in die der Name der anfordernden Stadt eingraviert wurde.



Aus Kostengründen war es aber durchaus auch üblich, lediglich Krone, Zepter und Reichsapfel zu entfernen oder gar den ganzen Reichsadler mit einem Rundstahl aus der Marke zu nehmen.
Ein Beispiel hierfür ist die Marke für einen Kanal-Polizei-Beamten des
Kaiser-Wilhelm-Kanals nach 1918 (heute Nord-Ostsee-Kanal).



Gemäß Runderlass des preußischen Ministeriums des Innern (Rd.Erl.d.Pr.MdI) vom 2.8.1923 – II F 531 V-nicht veröffentlicht- wurden für die staatlichen Grenzkommissariate neue polizeiliche Erkennungsmarken eingeführt.
In einem erneuten Befehl vom 22.1.1924 wird ersucht:
„….die veralteten Erkennungsmarken alsbald von den Beamten einzuziehen und gelegentlich, spätestens jedoch bis zum 1.4.1924, zwecks Einschmelzung der Beschaffungsstelle beim preußischen Ministerium des Innern in Berlin W. 56, Oberwallstr. 22, einzusenden.

Ab 23.12.1925 wurden dann für die planmäßigen staatlichen Kriminalbeamten neue Ausweismarken eingeführt. Ich zitiere den Text des Runderlasses:

„Die planmäßigen staatl. Krim.=Beamten, einschl. der Beamten der Rheinpolizei, sind künftig mit einheitlichen Erkennungsmarken und Personalausweisen auszustatten.
Die erforderlichen Stücke werden den staatlichen Polizeiverwaltungen und dem Oberpräsidenten in Coblenz für die Rheinpolizei in nächster Zeit unmittelbar vom Polizei Präsidium in Berlin unter Anforderung des Kostenanteils übersandt werden.
Die Erkennungsmarken und Personalausweise sind alsdann an die Beamten auszugeben.
Der Kostenbetrag ist der Polizeihauptkasse des Polizeipräsidiums in Berlin im Postüberweisungsverkehr -Postscheckamt Berlin NW 7 Nr.14349 – kosten- und gebührenfrei zu überweisen. Die Kosten sind bei Kap. 91 Tit. 22 Nr. 1 des Kassenanschlags der betr. staatl. Pol.-Verw. und der Rheinpolizei (Reg.Kassenanschlag Coblenz) für das Rechnungsjahr 1925 zu verrechnen.
Die Erkennungsmarken sind auf der Rückseite innerhalb jeder staatl. Pol. Verw. (Rheinpolizei) mit lfd. Nr., beginnend mit Nr. 1, versehen. Die Nr. der Erkennungsmarke muss mit der laufenden Nummer des Personalausweises übereinstimmen. Die Erkennungsmarke, die oben durchlocht ist, ist an einer Kette oder an einem starken Band befestigt in der Tasche zu tragen.
Den einzelnen Beamten ist die sorgfältige Aufbewahrung der Erkennungsmarke und des Personalausweises besonders zur Pflicht zu machen, da der Beamte für beide Stücke verantwortlich ist.
Als Ausweis bei exekutivischen Amtshandlungen gilt die Erkennungsmarke. Der Personalausweis dient den Beamten nur in Sonderfällen, insbesondere Behörden gegenüber, mit denen er außerhalb seines Dienstortes in Verbindung tritt, als weiterer Ausweis.

Ferner weise ich darauf hin, dass keine weiteren kriminalpolizeilichen Ausweise als die vorgeschriebenen erteilt und insbesondere den Vigilanten keine Ausweise, Bescheinigungen usw. ausgestellt werden dürfen.
Die veralteten Erkennungsmarken sind alsbald nach Ausgabe der neuen Marken von den Beamten einzuziehen und, soweit sie nicht städtisches Eigentum und zurückzugeben sind, zur Einschmelzung unmittelbar dem Polizeipräsidium in Berlin einzusenden, das den Erlös bei Kap. 31, Tit. 4 Nr. 17 des Kassenanschlages der staatlichen Pol.-Verw. Berlin für das Rechnungsjahr 1925 zu vereinnahmen hat.
Die gleichfalls einzuziehenden veralteten Personalausweise sind zu vernichten.
Erkennungsmarken und Personalausweise, die für die Folgezeit notwendig werden, sind unmittelbar beim Präsidium in Berlin anzufordern, das mit der Nachlieferung hiermit beauftragt wird.
An die staatl. Pol.-Behörden (ohne Landjägerei)



Diese hier erstmals in Form eines Erlasses festgelegte Gestaltung der Polizeidienstmarke wurde bis in die heutige Zeit nahezu unverändert von nachfolgenden Behörden übernommen.
Formulierungen sind heute noch teilweise identisch.

Nachdem zum 1.5.1926 auch die kommunalen Kriminalbeamten innerhalb Preußens mit einheitlichen Metallausweisen ausgestattet wurden, war die Vereinheitlichung auf diesem Gebiet abgeschlossen.

In ganz Preußen hatten die Kriminalbeamten nun erstmals einheitliche Legitimationsmarken.
Alle Stücke waren rund mit 43mm Durchmesser, Material=Bronze.
Sie zeigten auf der einen Seite den preußischen Adler mit der Ortsbezeichnung der kommunalen- bzw. staatlichen Polizeiverwaltung und auf der anderen Seite die Worte „Kriminalbeamter“ bzw. „Staatl.Preuss.Kriminalbeamter“ und die laufende Nummer, die innerhalb jeder Polizeiverwaltung mit -1- begann.

Erstmals hatte man den Versuch unternommen, die Marken fälschungssicher zu machen. Alle Stücke des beschriebenen Typs wurden am Rand mit Arabesken und Sternchen versehen.
Dieser Fälschungsschutz, der ursprünglich gedacht war, um Edel- und Metallmünzen vor Befeilung zu schützen, taucht erst nach fast 50 Jahren wieder bei den heutigen bundeseinheitlichen Dienstmarken auf.

Dieser Vereinheitlichung der preußischen Polizeimarken folgten in den anderen Teilen des Deutschen Reiches nur wenige Kommunalpolizeien. Grundsätzlich blieb außerhalb Preußens auf diesem Gebiet vieles „beim Alten“ und wurde erst spät zwischen 1936 und 1937 bei der Verreichlichung der Polizei angepasst.

Eine Zahl vom 1.Juli 1931, dem Tag des Inkraftretens des Preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes, besagt, dass es alleine in Preußen rund 2000 kommunale Polizeibehörden gab, die neben den 43 staatlichen Polizeiverwaltungen für die Sicherheit sorgten.

Am 5.4.1929 wurden nach der Verschmelzung der Landesgrenzpolizei mit der Landeskriminalpolizei Preußens die zum 2.8.1923 ausgegebenen Marken für die staatlichen Grenzkommissariate wieder eingezogen und vernichtet. Die ehemaligen Beamten der Landesgrenzpolizei erhielten nun auch die Stücke der „Staatl.Preuss.Kriminalbeamten“.